Lean Thinking
Wesentliche Gedanke die ich aus der Lektüre des Buches mitnehme sind:
- Get out of the building: Direkter Kundenkontakt
- Erfahre selbst die Probleme, die du lösen möchtest und spreche mit den Betroffenen.
- If we are building something that nobody wants, it doesn’t much matter if we’re doing it on time and on budget.
- If you don’t know who your customer is, you don't know what quality is.
- Kenne die kritischsten Hypothesen sowie Annahmen und überprüfe diese mit minimal-viable Prototyps (ungleich mv-Products)
- Arbeite in kleinen, multidisziplinären Teams, um schnell Ergebnisse zu erzielen.
- Finde Abkürzungen, für sehr kurze Entwicklungs- und Lernzyklen
- Do not make it, fake it.
- Entwickle Features just-in-time entlang konkretem, messbaren Feedback von Kunden.
- Bilde agile und adaptive Prozesse, um schnell einen Kurswechsel vollziehen zu können.
- Nutze aktionsbasierte Metriken.
- Product Discovery (Lean StartUp) is not equal to Product Delivery (Scrum)
Wie definiert Eric Ries ein StartUp?
Ein StartUp ist eine Organisation mit dem Ziel ein innovatives Produkt oder Service zur Markreife zu bringen. Innovation bedeutet, dass ein bestehendes Problem auf eine bessere (günstigere, schnellere, etc.) Art und Weise gelöst wird oder, dass ein komplett neues Problem zum ersten Mal gelöst wird. Marktreife bedeutet im diesem Kontext, dass die Produktidee soweit verfeinert und entwickelt wird, bis sie einen tatsächlichen Mehrwehrt für Menschen bietet, die dieses Produkt dann akzeptieren und als Kunden kaufen. Hat das StartUp ein Produkt zur markreife entwickelt, kann es sich langfristig selbst finanzieren und agiert bis dahin naturgemäß immer unter großer Unsicherheit. Die Basis für die Aktivitäten bildet eine Produktvision, die meist unveränderlich bleibt auch wenn sich die konkrete Umsetzungsstrategie durch Pivotierung ändern können. Der Begriff „StartUp“ lässt sich somit in verschiedenen Kontexte auch auf staatliche Einrichtungen, Unternehmen, Konzerne und gemeinnützige Einrichtungen anwenden.
Unsicherheit im Innovationskontext
In der frühen Phase eines Innovations- oder StartUp-Prozesses haben wir irgendwann einen Punkt erreicht, an dem wir eine gute Vorstellung der Produktvision und des Geschäftsmodells haben. Womöglich haben wir die Ideen in Form eines Business-Model- oder Lean-Canvas dokumentiert und haben somit eine klare Value-Proposition definiert, also welche Probleme oder Wünsche einer Kundenzielgruppe wir mit welchen Mitteln lösen oder befriedigen möchten.
Lean-Canvas
Value-Proposition-Canvas
Einer Produktvision liegen immer zwei Hauptthesen zugrunde:
- Problem-Solution-Fit: Das anvisierte Produkt bietet der Kundenzielgruppe einen tatsächlichen Mehrwert in dem es ein relevantes Problem löst oder einen Wunsch erfüllt.
- Product-Market-Fit: Das Produkt und das Business-Modell hat potential eine breite Kundenbasis zu erlangen, um somit finanzielles Wachstum zu erreichen.
Um diese Hypothesen zu validieren müssen drei grundlegende Fragen beantwortet werden:
- Hat der Kunde das Problem was wir versuchen zu lösen?
- Wenn es eine passende Lösung für da Problem gäbe, würde der Kunde diese kaufen und würde er sie von uns kaufen?
- Sind wir in der Lage diese Lösung zu umzusetzen?
Auf den Hypothesen und offenen Fragen entsteht eine Unsicherheit, die anhand von Experimenten und validierten Lernerfahrungen immer weiter aufgelöst werden soll.
Validiertes Lernen
Im StartUp Kontext hört man oft den Ausspruch „fail often, fail fast“. Hiermit ist natürlich mit Nichten gemein mit voller Absicht folgenschwere Fehler zu begehen und Geld zu verbrennen. Der Ausspruch bezieht sich darauf, die beschriebene Unsicherheit über den Problem-Solution und Product-Market-Fit so schnell wie möglich mit geeigneten Experimenten und Prototypen aufzulösen. Es geht darum gezielt die Hypothesen und kritischsten Annahmen zu überprüfen, um diese zu bestätigen bzw. zu wiederlegen. Selbst wenn ein kleiner Prototyp in mehreren Tagen gebaut, getestet und dann für nicht verwendbar befunden wird, war dieses Experiment erfolgreich. Es hat gezeigt, dass diese eine Idee nicht funktioniert und hat zu mehr Wissen über die Kundenbedürfnisse gesorgt. Außerdem hat es dem Unternehmen mehrere Monate Entwicklungszeit und Kosten erspart, als wenn das Produkt so komplett und vollumfänglich gebaut und dann am Markt wirklich gescheitet wäre.
Das Unternehmen zappos.com wurde 1999 in San Francisco gegründet, als es noch keinen online Shop gab der auf Schuhe spezialisiert war. Um den perfekten Schuh in der richtigen Größe und der bevorzugten Farbe zu finden musste man oft mehrere Ladengeschäfte besuchen. Der Gründer befand dies als Marktlücke und wollte hierfür eine Lösung in Form eines spezialisierten online Stores gründen. Er startet mit einer einfachen Website auf der er Fotos von Schuhen aus nahegelegenen Schuhgeschäften platzierte. Bestellungen gingen per E-Mail ein. Wurde eine Bestellung aufgegeben, ging der Gründer in den nächsten Schuhladen, kaufte dort den Schuh zum regulären Preis und verschickte diesen. Mit den Schuhgeschäften vereinbarte er, dass er zurückgeschickte Schuhe wieder eintauschen konnte. Somit validierte er grundlegende Hypothesen: Sind die Menschen bereit in einem spezialisierte online Store Schuhe zu kaufen und was sind ihre Bedürfen bezogen auf Auswahl, Versand, Zahlung, etc. Diese erste Website war kein ausgefeiltes Produkt, sondern mehr ein Experiment, um zu validieren, ob die Idee eine realistische Chance hatte.
Build-Measure-Learn
Produktentwicklung ist eine Reise voller Ungewissheiten. Die Menschen können nicht einfach gefragt werden was sie von einer Idee halten und was es noch benötigen würde, damit sie diese kaufen würden. Was Menschen denken ist unterschiedlich zu dem was sie wirklich empfinden, das was sie sagen ist unterschiedliche zu dem was sie denken und das was sie tun ist wiederum unterschiedlich zu dem was sie sagen. Innovations- und StartUp-Prozessen sind vergleichbar mit den historischen Seereisen alter Entdecker, als die Welt noch nicht völlig kartographiert war. Das Produkt muss erst noch entdeckt und ergründet werden, es existiert noch nicht. Der folgende Kreislauf stellt diese Entdeckungsreise dar.
Ein sehr inspirierendes Beispiel für einen schnellen Lernzyklus zeigt dieses Video, in dem gemeinsam mit dem Kunden experimentell entdeckt wird wie eine iPad als Hilfsmittel zur Auswahl von Sonnenbrillen funktionieren kann: https://youtu.be/szr0ezLyQHY
Ideas
In der Startphase ist die Organisation zu einer Produkt- oder Lösungsidee gelangt die ein relevantes Problem der Kunden lösen soll. Bei diesen ersten Ideen handelt es sich erst einmal nur um Hypothesen, die im Weiteren verifiziert werden bevor das eigentliche Produkt mit viel Aufwand entwickelt wird. Es ist wichtig, die in den Hypothesen implizit zugrundgelegten Annahmen (Kundenzielgruppe, deren Bedürfnisse, wie die die Lösung wertschätzen und wie sie das Produkt nutzen werden) sichtbar zu machen und aufzuschreiben. Die risikoreichsten Annahmen, die die gesamte Idee ins Wanken bringen können, müssen geprüft werden. Als Sony den ersten Walkman herausbrachte, war eine der fundamentalsten Annahmen, dass Menschen in der Öffentlichkeit Musik hören wollen und das öffentliche Tragen von Kopfhörern für sie kein Problem darstellt.
Build
Die Build-Phase hat zum Ziel den schnellsten und kostengünstigen Weg zu finden, um die Annahmen zu überprüfen. Hierzu wird ein einfacher Prototyp als Experiment entwickelt, um genau eine Annahme mit echten Kunden zu testen. Dieser Prototyp ist noch kein Minimal-Viable-Product sondern ganz bewusst ein Minimal-Viable-Prototyp, der wirklich nur die Features enthält die benötigt werden um die ausgewählte Annahme zu testen. Ein solcher Prototyp kann z.B. nur eine Landing-Page sein auf der sich Kunden für das zukünftige Produkt registrieren können. Vielleicht ist es nur ein Video, in dem die Produktvision erläutert wird. Idealerweise kann der Kunde bereits mit dem Prototyp interagieren, auch wenn hinter der Fassade keine technische Lösung steckt, sondern alles noch von Mitarbeitern manuell durchgeführt wird (Wizard of Oz Testing). Bei einem Concierge-Prototyp wird die Kundeninteraktion direkt durch die Produktverantwortlichen durchgeführt, in dem jeder einzelnen Kunde persönlich bedient wird. Dies hat im sehr kleinen Maßstab nur zum Ziel direkt und ungefiltertes Kundenfeedback zu erhalten, um den Kunden wirklich verstehen zu können. Durch mehrmaliges Durchlaufen des Kreislaufes wird aus dem MV-Prototyp mit der Zeit ein MV-Product.
Weitere Beispiele:
- Die Gutschein-Plattform Groupon startete die ersten Experimente mit einem Wordpress-Blog, einer E-Mail-Bestellung und manueller Anfertigung der Gutscheine mit einem einfachen PDF-Tool.
- DropBox nutzte anstatt eines aufwändigen technischen Prototypen als MVP ein drei Minütiges Video und eine Landingpage. Am ersten Tag registrierten sich 75.000 Menschen auf einer Warteliste für eine Beta-Version.
Measure
Wird ein MV-Prototyp getestet, geht es in erster Linie darum zusammen mit dem Kunden die grundlegenden Annahmen bzgl. des Mehrwertes des Produktes zu testen. Verstehen die Kunden den Sinn und Zweck der Produktidee und hilft es den Kunden bei ihren Problemen sind die zentralen Fragen. Mehrmaliges iterieren des Kreislaufs soll den Problem-Solution-Fit für das Produkt erreichen.
Ist die Idee soweit gereift, dass bereits ein MV-Product (Produk-Solution-Fit wurde mit gewisser Sicherheit erreicht) vorliegt, soll die Produktidee auf breiterer Basis am Markt getestete werden, um den Product-Market-Fit und ab diesem Zeitpunkt Wachstum zu finden. Beim erstmaligen Durchlaufen des Build-Measure-Learn Kreislaufs in diesem Stadium soll eine Baseline für die wichtigsten Kennzahlen ermittelt werden. Durch jeden weiteren Durchlauf, wird geprüft ob Optimierungen am Produkt zu einer Verbesserung der Kennzahlen führen. Ein direkter Vergleich zweier Produktversionen kann mittels einem Split-Tests (A/B-Tests) erreicht werden, in denen die bisher aktuelle Version des Produkte mit der neuen Version parallel jeweils an 50% der Kunden ausgeliefert werden. Es wird gemessen wie sich die Kennzahlen der beiden Varianten entwickeln. Wird die neue Version gleich an 100% der Kunden ausgeliefert, kann vielleicht eine Veränderung gegenüber den vergangen Zahlen beobachtet werden, allerdings ist nicht ganz klar, ob die Veränderung durch die neue Produktversion oder durch andere nicht kontrollierbare Seiten- und Umgebungseffekte (Wetter, Feiertage, politische Situation, Monatswechsel) verursacht wurde. Bei einem Split-Test treten diese Seiteneffekte für beide Kundengruppen gleich auf und neutralisieren sich somit in den Zahlen.
Die richtigen Metriken zu finden ist nicht einfach. Es gibt genügend Kennzahlen die einen positiven Eindruck vermitteln, ohne dabei konkrete Hinweise auf die Entwicklung des Produktes zu geben:
- Bereits 100.000 Kinobesucher!
- 20.000 verkaufte Exemplare des neuen Buchs!
- 500.000 Hits auf der Website!
- 300 Kunden gewonnen!
Bei der Wahl der Metriken sind folgende Merkmale wichtig, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten:
- Aktionsbasiert: Der Zusammenhang zwischen Ursache (neues Feature) und Wirkung (Änderung in den Zahlen) soll messbar sein. Die Ergebnisse müssen zeigen, welche Ausprägung des Produkts welches Verhalten hervorruft. Die Ergebnisse sollen wiederholbar sein.
- Die Ergebnisse sollen allgemein zugänglich für alle Mitarbeiter verständlich, nachprüfbar und glaubhaft sein.
Für Produktmarketing und Produktmanagement hat sich der AARRR-Funnels (auch bekannt als Pirat-Metrics) mit den folgenden fünf Kohorten etabliert:
- Aquisition
- Activation
- Retention
- Referral
- Revenue
Learn
Liegen die Zahlen auf dem Tisch müssen diese analysiert und die Ergebnisse dazu genutzt werden, dass Produkt zu überdenken. Entwickeln sich z.B. die Aquisition-, Activation- und Retentionzahlen positiv aber der Revenue bleibt bei jeder Iteration gleich, muss über eine grundlegende Veränderung der generellen Produktidee nachgedacht werden. In regelmäßigen Abstände sollte ein definierter Checkpoint terminiert werden, an dem sich das Team fragt, ob es mit der bisherigen Strategie weiter machen möchte oder ob eine Pivotierung stattfinden muss: