Monetisierung von Apps

Strategien zur Monetisierung

In diesem Blogbeitrag befasse ich mich mit verschiedenen Monetisierungsstrategien digitaler Produkte mit einem Fokus auf mobile Apps im B2C Umfeld. Viele App- oder Webprojekte starten meist mit dem Fokus erstmal Reichweite zu erreichen und befassen sich erst später damit wie diese monetisiert werden kann. Dabei ist es wichtig bereits zu Start der Produktkonzeption an Profitabilität zu denken. So ist es beispielsweise zu Beginn wichtig im Auge zu behalten, welche Features nur in einer Bezahlversion verfügbar sein sollen und welche freiverfügbar sind. Der Beitrag befasst sich mit dem Freemium-Modell, Subscriptions, In-App-Käufen, eCommerce, Werbung (Ads) und gibt Hinweise zur Usability und Analytics.

Freemium

Die inzwischen weitverbreitete Freemium-Strategie basiert darauf, dass dem Kunden eine kostenlose Basisvariante der App mit der Option eines Upgrades auf eine Premiumversion angeboten wird. So kann der Kunde leicht eingeschränkt das Produkt umfänglich testen, um dann über die Premiumversion noch mehr Mehrwert zu erhalten. Spotify nutzt dieses Modell sehr erfolgreich. In der kostenlosen Version erinnert die User-Experience eher an die eines gewöhnlichen Radios. Der Nutzer bekommt Werbebotschaften eingespielt, es sind nicht alle Abspielfunktionen frei geschaltet und die App ist nicht offlinefähig. Die bezahlte Premiumversion ist werbefrei, Songs können auf dem Gerät gespeichert werden, die Soundqualität ist besser und es sind alle Funktionen verfügbar. Die Premiumversion kann mittels einer Subscription über die Website oder durch einen In-App-Kauf gebucht werden.

Durch eine Premiumversion sollte sich der Mehrwert der App deutlich steigern lassen und die Angebote müssen zielgruppengerecht zur App passen. Prinzipiell können sich die Angebote auf folgende Bereiche erstrecken und diese auch ggf. in einem Angebot zusammenfassen. Die Angebote können sich noch in mehreren Güteklassen und Preispunkten unterscheiden.

  • Premium Inhalte (spezieller Musikcontent, Videos, News, Artikel)
  • Premium Funktionen (z.B. Offlinefähigkeit)
  • Premium Services (z.B. Mitbenutzung der App durch die Familie)
  • Premium User-Experience (z.B. Werbefreiheit)

Beispiele:

  • In der Finanzen-App Finanzen100 können Börsen- und Markanalysen verschiedener Premiumanbieter sowie Werbefreiheit hinzugebucht werden.
  • In der Nachrichten-App Medium können von Nutzern verfasste Artikel zu unterschiedlichen Themen gelesen werden. Täglich erhält man eine Auswahl an Premium-Artikel von bekannten Influencern, von denen nur eine begrenzte Anzahl pro Monat freiverfügbar gelesen werden kann. Möchte man mehr dieser Premium-Artikel lesen, wird einem eine monatliche Subscription angeboten, um unbegrenzt viele Artikel lesen zu können.
  • Netflix bietet kein reines Freemium, sondern ein Try-bevor-you-Buy Option. Der Kunde kann das komplette Angebot für einen begrenzten Zeitraum kostenlos testen, bevor er sich zum Kauf entscheiden muss.

Das Freemium-Modell ist eher ein Marketingtaktik, die ihnen eine sehr große Anzahl von Nutzern (Leads) erzeugen wird. Bevor sie sich aber für dieses Modell entscheiden, sollte sie sich fragen, ob es zur Monetisierung ausreichen wird, wenn nur eine kleine Anzahl dieser Leads in zahlende Kunde konvertiert und wie hoch die Conversionrate sein muss, um langfristig profitabel zu sein. Als Beispiel wird gerne auf mobile Gaming-Apps verwiesen. Hier sind im Durchschnitt 5% der Nutzer für 95% des Umsatzes verantwortlich. Darüberhinaus ist der Preis für ein Produkt einsehr kritisches Element was sie früh im Produktentwicklungsprozess austesten müssen. Starten sie ausschließlich mit einem Freemium-Modell verzögern sie diesen Test und die Erfahrungen die sie daraus ziehen können. Die attraktiven Wachstumszahlen bei einem Freemium-Modell kann dazu führen, dass sie sich zu sehr auf Aquisitionmetriken verlassen, um zu bewerten wie das Business läuft. Doch sind Free-User keine Kunden und sie sind auch nicht kostenlos zu bekommen. Auch wenn die Kosten niedrig sein sollten, belegt jeder Free-User Serverkapazität und verursacht Support- und Featurekosten. Bei der Vielzahl an Nutzern wird es ebenfalls schwer sein sich darauf zu fokussieren, welches Feedback dieser Nutzer wirklich wichtig ist. Es wird empfohlen Free-User als Marketingkosten in die Produktkosten einzurechnen.

Werbung (Ads)

Wenn das Produkt eine sehr hohe Reichweite hat, kann Werbung zur Monetisierung genutzt werden. Es können verschiedene Werbeformat unterstützt werden. Hierzu zählen u.a. Displaywerbung, Werbebanner, Textlinks und Videos. Die Werbung sollte sich dabei gut in die User-Experience einfinden, nicht stören, sondern vielmehr einen Mehrwert leisten.

  • Fullscreen Werbeanzeigen können dort platziert werden, wo es im Userflow sowieso eine kurze Pause gibt. Zum Beispiel wenn zwischen Menüpunkte überblendet wird oder die App in den Hintergrund oder Vordergrund gebracht wird. Werbeanzeigen werden durch den Inserenten klick- oder view-basiert bezahlt, dies muss beim Userflow berücksichtigt werden.
  • Notification-Ads werden direkt in der Statusanzeige des Endgerätes angezeigt. Diese Form der Werbung greift stark in das gesamte Nutzererlebnis des Gerätes ein und sollte mit viel Bedacht gewählt werden.
  • Bannerwerbung ist zumeist ganz oben oder ganz unten auf dem Screen zu finden. Die Banner können sehr irritierend auf den Nutzer wirken, wenn sie sich nicht klar von dem restlichen Userinterface abheben oder beim Bedienen des Menüs oder der Navigation irrtümlich geklickt werden.
  • Ad-Walls sind ausgewählte Bereich in der App die mit vielen Ads oder mit Hinweisen auf Partner-Apps versehen sind. Durch Klicken auf eine der Ads oder durch die Installation eine der Partner-Apps wird dem Nutzer ein Vorteil gewährt.

Dem geneigten Kunden sollte die Möglichkeit gegeben werden durch Bezahlung die Werbung auszuschalten. Hierbei könnte eine Webefreiheit monatlich, jährlich oder lebenslang angeboten werden. Die Performance der Anzeigen und die eigentlich angezeigten Werbeinhalte sollten mit Analytics überwacht werden, um sicherzustellen, dass zielgruppengerechte Anzeigen ausgespielt werden. Dieser Google-Artikel behandelt einige Best Practices.

Affiliate, Partnership und Sponsoring

Als Affiate nutzt mein seine eigene Reichweite um Traffic einer anderen Partei zuzuführen, indem deren Produkte und Dienstleistungen beworben werden. Sind dies Anzeigen von ausgewählten Partnern spricht man auch von Partnership oder Sponsoring. Gerade in einem Unternehmensverbund mit mehreren Marken können, ohne reale Mehrkosten, die möglichst komplementären Produkte gegenseitig beworben werden.

eCommerce

Welche App sie auch betreiben, sie können die Reichweite nutzen, um dem Nutzer weitere passende physikalische oder digitale Produkte anzubieten. Wie üblich im eCommerce dürfen sich die Nutzer umschauen und ausreichend informieren bevor sie bezahlen müssen. Wenn es bisher nicht notwendig war einen LogIn oder Account anzulegen, dann sollte dem Nutzer auch weiterhin die Möglichkeit gegeben werden als Gast zu bezahlen. Sollte der Nutzer einen LogIn haben, dann kann er idealerweise seinen Einkauf auf einem Gerät beginnen und später auf einem anderen Gerät beenden. Bei Bestellungen sind immer viele Eingaben zu tätigen, auto-fill und auto-completion Funktionen erleichtern dies. Generell sollte vermieden werden, dass Nutzer dieselben Eingaben zweimal tätigen müssen. Viele Informationen sind schon im Smartphone gespeichert und können übernommen werden.

Metriken

Diesem Abschnitt gehe ich ein wenig auf die wichtigsten Metriken ein.

  • Customer Loyality misst man daran, wie hoch die Quote der Kunden ist, die eine längerfristig bindende Subscription gebucht haben, wie viele Minuten die Nutzer durchschnittlich täglich in der App verbringen oder wie hoch die Quote der Nutzer ist, die einen LogIn erstellt haben.
  • Customer Retention ist messbar in Form der Anzahl Kunden am Ende der betrachteten Periode abzüglich der Neukunden in der Periode pro Gesamtanzahl der Kunden am Start der Periode.
  • Customer Aquisition Costs sind die Ausgaben bzgl. der Neukundengewinnung pro Neukunde.

 

Im Web-Bereich werden bzgl. Werbeanzeigen oft folgende Metriken gemessen:

  • CPC - cost per click: Wieviel zahlt ein Werbeinserent pro Klick
  • CPM - cost per thousand views/impressions: Wieviel Umsatz wurde generiert pro 1000 Views einer Ad
  • CTR - click-through rate: Gesamtanzahl an Klicks pro Gesamtanzahl an Views (Impressions) x 100

 Im App-Bereich werden folgende Metriken herangezogen:

  • AIP – in App Purchase: Gesamtanzahl von In-App-Käufen
  • ARPU - Average revenue per user: Gesamtumsatz pro Gesamtanzahl an nichtzahlender Nutzern
  • ARPPU - Average revenue per paying user = Gesamtumsatz pro Gesamtanzahl an zahlender Kunden

Anhand dieser Metriken können KPIs für ein zu erreichendes Ziel definiert werden. Wenn das Ziel ist bis zum Jahresende 1000 Neukunden zu gewinnen, dann kann als Metrik die „Anzahl an zahlender Kunden pro Monat“ genutzt werden. Der Key Performance Indicator (KPI) könnte dann so definiert sein: Zuwachs an zahlender Neukunden pro Monat um 10%, um am Jahresende das Ziel 1000 zahlende Neukunden zu erreichen.

Resümee

Sollten Ads zum gewählten Modell gehören, sollten diese die User Experience nicht übermäßig stören. Ein guter Tipp ist es, für die Ads fest definierte Bereiche auf dem Screen zu definieren. Das Laden der Ads dauert meist länger als die eigentliche Anzeige des Screens und durch den vorher schon fest definierten Bereich springt der Screeninhalt nicht, wenn die Ads verzögert angezeigt werden.

Wenn mit In-App-Käufe gearbeitet wird, muss sichergestellt werden, dass diese nach Deinstallation und erneuter Installation der App wieder hergestellt werden können. Auf In-App-Angebote sollte direkt beim Onboarding hingewiesen und diese erklärt werden. Ebenso sollten Hinweise auf diese im Userflow integriert werden. Hierzu ist ein gutes Analytics bzgl. des Nutzerverhaltens und der Nutzersegmentierung entscheidet. Es ist wichtig die richtigen Nutzer, zur richtigen Zeit mit dem richtigen Angebot anzusprechen.

Dass eine App direkt vor der Installation gekauft und voll bezahlt wird ist nicht sehr weit verbreitet. Mit monatlichen und jährlichen Subscriptions kann gezielt der Long-Time-Customer-Value gesteigert werden. Die Akquise zahlender Kunden läuft daher über die Steigerung der Retention von nicht zahlenden Nutzern, hohe Qualität und gute User Experience. Ziel muss es sein, eine gute Basis an Nutzern zu erzeugen, die man zu zahlenden Kunden konvertieren kann. Ist der Nutzer dann bereit einen Kauf zu tätigen, sollte ihm eine super einfache Bezahlmethode geboten werden, um ihm nicht kurz vor Abschluss des Kaufs eine Hürde aufzubauen. Hier können die direkt in den Stores verfügbaren Bezahlfunktionen genutzt werden oder gebräuchliche Onlinebezahldienste wie PayPal.

Zum App Marketing werde ich einen weiteren Blogbeitrag schreiben. Doch ein paar Tipps an dieser Stelle. Binden sie früh Influencer (Power-Nutzer, Blogger, Meinungsmacher) ein, um die Stärken von word-of-mouth Empfehlungen zu nutzen, App-Trailer demonstrieren schon vor der Veröffentlichung den Mehrwert der App der Öffentlichkeit, First-Come-First-Serve Reservierungssysteme können helfen einen Hype und das Gefühl der Exklusivität zu erzeugen. Machen sie es den ersten Nutzern sehr einfach anderen zu erklären was das besondere an dem Produkt ist. Hierfür erklären sie selbst nicht die einzelnen technischen Features, sondern den Mehrwert, das Gefühlt was mit der Nutzung entsteht, die Bedürfnisse die erfüllt werden und die ganz alltäglichen und praktischen Vorteile des Produktes. Technologisch sollte es das Ziel sein alle Marketingmaßnahmen soweit wie möglich zu automatisieren und verschiedene Kanäle konvergent und komplementär zu nutzen. So können Pushnachrichten, mit E-Mail Kampagnen, in-App Nachrichten und wenigen, aber gut platzierten Werbebannern kombiniert werden.

Im B2B Bereich kann nicht mit Toleranz für Werbung oder zusätzlich zu tätigende Käufe gerechnet werden. Ebenso sind hier die Einkäufer oft die nicht dieselben Personen wie die Nutzer. Daher arbeitet man hier oft mit Free-Trials, so dass sich die Nutzerschafft ausgiebig mit dem Produkt auseinandersetzen und dem Einkäufer eine Empfehlung aussprechen kann. Sollte dieses Modell zu sehr den Cashflow belasten, kann alternativ mit einer 100%-Refund-Policy auf Basis eines begrenzten Zeitraums gearbeitet werden. Dies hat ebenfalls den Vorteil, dass sich das Produktteam vom ersten Tag an um die Themen Preisfindung, Buchhaltung und Rechtliches kümmern muss und diese nicht in eine ferne Zukunft am Ende des Free-Trials verschiebt.

Welche der vorgestellten Monetisierungsstrategien verfolgt werden soll, kann nicht pauschal beantwortet werden. Bereits in der Product Discovery, der Entdeckungsreise nach dem Product-Market-Fit, müssen auch bzgl. der Monetisierung Hypothesen und Annahme aufgestellt und gezielt nach Lean-Startup getestet werden. Ebenso ist es ratsam zu beobachten was in der spezifischen Branche und bei der Konkurrenz üblich ist.

Wenn sie mehr zum Thema App Monetisierung erfahren möchten, dann empfehle ich den kostenlosen Onlinekurs von Udacity.